Berlin / Herne. [stbs] Die Europäische Union (EU) verfügt gem. Art. 288 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union (AEUV) über verschiedene Rechtsakte, die unterschiedliche Funktionen und Wirkungen entfalten. Zu den primären Instrumenten zählen Verordnungen, Richtlinien, Beschlüsse, Empfehlungen und Stellungnahmen. Die verschiedenen Rechtsakte der Europäischen Union sind darauf ausgelegt, die in den Verträgen festgelegten Ziele zu verwirklichen und eine kohärente Rechtsordnung innerhalb der EU zu gewährleisten. Die unmittelbare Geltung und der Vorrang des EU-Rechts stellen sicher, dass dieses effektiv und einheitlich in allen Mitgliedstaaten angewendet wird.

Symbolbild; EU-Recht

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EU-VERORDNUNGEN

Verordnungen sind in allen ihren Teilen verbindlich und gelten unmittelbar in jedem Mitgliedstaat, ohne dass es einer nationalen Umsetzung bedarf. Sie zielen darauf ab, eine einheitliche Anwendung des EU-Rechts in allen Mitgliedstaaten sicherzustellen. Der Europäische Gerichtshof (EuGH) hat in seiner Rechtsprechung klargestellt, dass die unmittelbare Anwendbarkeit von Verordnungen es den Mitgliedstaaten verwehrt, innerstaatliche Vorschriften zu erlassen, die die Tragweite der Verordnung beeinträchtigen könnten.

EU-RICHTLINIEN

Richtlinien verpflichten die Mitgliedstaaten zur Erreichung bestimmter Ziele, lassen ihnen jedoch Spielraum hinsichtlich der Form und Mittel der Umsetzung. Die Mitgliedstaaten sind verpflichtet, die erforderlichen Maßnahmen zu ergreifen, um die in der Richtlinie festgelegten Ziele innerhalb einer bestimmten Frist, i. d. R. zwei Jahre, zu erreichen. Wird eine Richtlinie nicht fristgerecht oder unzureichend umgesetzt, kann die Europäische Kommission ein Vertragsverletzungsverfahren einleiten. In bestimmten Fällen können sich Einzelne vor nationalen Gerichten auf die Bestimmungen einer Richtlinie berufen, sofern diese hinreichend klar, genau und unbedingt sind und die Umsetzungsfrist abgelaufen ist. Dies wird als unmittelbare Wirkung von Richtlinien bezeichnet.

BESCHLÜSSE

Beschlüsse sind in allen ihren Teilen verbindlich. Handelt es sich um einen Beschluss, der bestimmte Adressaten nennt, so ist er nur für diese verbindlich. Beschlüsse können sowohl an Mitgliedstaaten als auch an natürliche oder juristische Personen gerichtet sein und entfalten unmittelbare Rechtswirkungen.

EMPFEHLUNGEN UND STELLUNGNAHMEN

Empfehlungen und Stellungnahmen sind nicht rechtsverbindlich. Sie ermöglichen es den EU-Organen, ihre Ansichten zu äußern und Leitlinien vorzuschlagen, ohne rechtliche Verpflichtungen für die Adressaten zu schaffen. Dennoch können sie eine bedeutende Rolle bei der Auslegung und Entwicklung des EU-Rechts spielen.

DELEGIERTE RECHTSAKTE

Delegierte Rechtsakte gem. Art. 290 AEUV ermöglichen es der Europäischen Kommission, nicht wesentliche Elemente von Gesetzgebungsakten zu ergänzen oder zu ändern. Sie sind rechtsverbindlich und treten in Kraft, sofern das Europäische Parlament und der Rat innerhalb einer bestimmten Frist keine Einwände erheben.

RECHTSPRECHUNG DES EUROPÄISCHEN GERICHTSHOFS (EUGH)

Der EuGH hat in seiner Rechtsprechung die unmittelbare Wirkung des EU-Rechts betont. Im Fall „Van Gend & Loos ./. niederländische Finanzverwaltung“ (Rechtssache 26/62) stellte der Gerichtshof fest, dass das EU-Recht nicht nur Verpflichtungen für die Mitgliedstaaten, sondern auch Rechte für Einzelne schafft, die diese vor nationalen Gerichten geltend machen können.

Zudem hat der EuGH klargestellt, dass Verordnungen unmittelbar gelten und die Mitgliedstaaten daran gehindert sind, innerstaatliche Vorschriften zu erlassen, die die Tragweite der Verordnung beeinträchtigen könnten. In der Rechtssache „Al-Aqsa ./. Rat und Niederlande ./. Al-Aqsa“ (Az.: C-539/10 P und C-550/10 P) betonte der Gerichtshof, dass die unmittelbare Anwendbarkeit von Verordnungen es den Mitgliedstaaten verwehrt, innerstaatliche Vorschriften zu erlassen, die die Tragweite der Verordnung selbst beeinträchtigen.

PRIMÄRRECHT UND SEKUNDÄRRECHT

Das EU-Recht gliedert sich in Primärrecht und Sekundärrecht. Das Primärrecht umfasst die Gründungsverträge der EU, wie den Vertrag über die Europäische Union (EUV) und den Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union (AEUV). Das Sekundärrecht besteht aus den von den EU-Organen erlassenen Rechtsakten, wie Verordnungen, Richtlinien und Beschlüssen, die auf den Bestimmungen des Primärrechts basieren.

VORRANG DES EU-RECHTS

Ein zentraler Grundsatz des EU-Rechts ist sein Vorrang vor nationalem Recht. Dies bedeutet, dass bei Konflikten zwischen EU-Recht und nationalem Recht das EU-Recht Anwendung findet. Dieser Vorrang gewährleistet die einheitliche Anwendung und Wirksamkeit des EU-Rechts in allen Mitgliedstaaten.

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