Berlin / Herne. [stbs] Ein Aufenthaltsraum ist allgemein betrachtet ein Raum innerhalb von Wohnungen oder Gebäuden, der für einen nicht ganz kurzen Aufenthalt tagsüber von Menschen geeignet ist. Ob ein Raum diese Eignung besitzt, hängt wiederum mit bauordnungs- und ggf. arbeitsschutzrechtlichen Anforderungen u. a. hinsichtlich der Raumgröße, der lichten Raumhöhe, der Belichtung und der Belüftung zusammen.
Nach gängiger Rechtsprechung sind Aufenthaltsräume u. a.:
- Wohnräume
- Schlafräume
- Küchen
- Haushaltsräume
- Wohndielen
- Arbeitsräume
- Büroräume
- Geschäftsräume
- Verkaufsräume
- Gaststätten
- Versammlungsräume
- Unterrichtsräume
- Krankenräume
- Sporträume
- Spielräume
- Bastelräume
- Werkräume
- Überdachte und umschlossene private Schwimmhalle
- …
Nach der Legaldefinition des Begriffs Aufenthaltsräume in Art. 2 Abs. 5 BayBO sind Aufenthaltsräume Räume, die zum nicht nur vorübergehenden Aufenthalt von Menschen bestimmt oder geeignet sind. Notwendig ist insoweit nicht ein dauernder Aufenthalt, sondern ausreichend ist auch ein längerer Aufenthalt von Menschen, der so gewollt oder möglich ist (vgl.: Lechner, in: Simon / Busse, BayBO, Art. 2 RdNr. 1174, Stand: April 2009). Keine Aufenthaltsräume sind deshalb Räume, die nicht oder nur vorübergehend, also nur für kürzere Zeit, zum Aufenthalt von Menschen bestimmt oder geeignet sind. Für den Begriff des Aufenthaltsraums ist dabei nicht ein Aufenthalt über mehrere Tage, insbesondere ein regelmäßiges Wohnen zu fordern, vielmehr genügt ein nicht ganz kurzer Aufenthalt tagsüber oder auch nur in der warmen Jahreszeit (BayVGH Urteil vom 05.07.1982, Az. 72 XV 77, BRS 39 Nr. 147). Weder wird insoweit eine Winterfestigkeit gefordert, noch ist eine Geeignetheit für eine Wohnnutzung oder ein Übernachten erforderlich (vgl.: BayVGH Urteil vom 05.07.1982 a. a. O.; Molodovsky, in: Koch/Molodovsky/Famers, Bayerische Bauordnung, Art. 2 RdNr. 127, Stand Januar 2012; Jäde, in: Jäde/Dirnberger/Bauer/Weiss, Die neue bayerische Bauordnung, Art. 2 RdNr. 159, Stand: Dezember 2007).
Typische Beispiele für Aufenthaltsräume sind Wohn- und Schlafräume, Küchen, Haushaltsräume, Wohndielen, Arbeitsräume, Büro-, Geschäfts- und Verkaufsräume, Gaststätten, Versammlungsräume, Unterrichtsräume, Krankenräume, Sport- und Spielräume, Bastel- und Werkräume (vgl.: Jäde, a. a. O., Art. 2 RdNr. 162). Keine Aufenthaltsräume in diesem Sinne sind dagegen insbesondere Nebenräume wie Flure, Gänge, Treppenräume, Wasch- und Toilettenräume, Duschen, Vorrats- und Abstellräume, Trockenräume, Speisekammern, Wasch- und Futterküchen, Garagen, Wintergärten, Heizräume, Kesselräume, Räume zur Lagerung und Aufbewahrung von Gegenständen sowie Ställe (vgl.: Jäde, a. a. O., Art. 2 RdNr. 163).
Bei der Bestimmung des Begriffs „Aufenthaltsraum“ sind aufgrund der Änderung des Abstandsflächenrechts im Hinblick auf privilegierte Grenzbebauungen durch die BayBO 2008 nicht mehr nur die speziellen materiellen Anforderungen an Aufenthaltsräume aus Art. 45 BayBO in den Blick zu nehmen, vielmehr ist dabei auch seine abstandsflächenrechtliche Dimension zu beachten. Insoweit ist von Bedeutung, dass die Abstandsflächen neben der Sicherstellung einer ausreichenden Belichtung, Besonnung und Belüftung auch dem weiteren Zweck dienen, ein „störungsfreies Wohnen“ zu gewährleisten (vgl.: BayVGH Urteil vom 21.7.1997, Az.: 14 B 96.3086, BayVBl. 1998, 534, 535; Beschluss vom 17.04.2000, Az.: GrS. 1/1999, 14 B 97.2901, BayVBl. 2000, 562, RdNr. 16 – juris; Beschluss vom 19.02.2004, Az.: 26 ZB 03.1559, RdNr. 6 – juris; aus der Literatur vgl. Dirnberger, in: Jäde / Dirnberger / Bauer / Weiss, Die neue bayerische Bauordnung, Art. 6 RdNr. 2 Stand April 2010; Molodovsky, in: Koch / Molodovsky / Famers, Bayerische Bauordnung, Art. 6 RdNr. 5, Stand: August 2009, jeweils mit w. Nachw. aus der obergerichtlichen Judikatur).
vgl.: VG München, Az.: M 8 K 11.1314, Urteil vom 26.03.2012
In § 2 Musterbauordnung (MBO) werden Aufenthaltsräume als Räume definiert, die zum dauernden Aufenthalt von Menschen bestimmt oder geeignet sind. Sie müssen nach § 47 MBO eine lichte Raumhöhe von mindestens 2,50 m haben. Dies gilt nicht für Aufenthaltsräume in Wohngebäuden der Gebäudeklassen 1 und 2 sowie für Aufenthaltsräume im Dachraum. Damit sie ausreichend belüftet und mit Tageslicht belichtet werden können, muss das Rohbaumaß aller Fensteröffnungen eines Raumes nach Bundesland mindestens 1/8 oder 1/10 der Netto-Grundfläche des Raumes einschließlich der Netto-Grundfläche verglaster Vorbauten und Loggien haben (vgl.: Dietmar Grütze: Bau-Lexikon. Carl Hanser Verlag, München 2007, ISBN 3-446-40472-4, S. 21.; bau-rat.de). In NRW 2,40 m – 2,20 m über mind. der Hälfte ihrer Grundfläche haben. Raumteile mit einer lichten Höhe bis zu 1,50 m bleiben außer Betracht (vgl.: § 46 Abs. 1 BauO NRW 2018). Regelungen in anderen Bundesländern können davon abweichen.
Mit dem Begriff „Aufenthaltsraum“ sind weitreichende rechtliche Folgen verknüpft. Die wichtigste ist sicher die Forderung nach zwei Rettungswegen in jedem Geschoss, in dem sich Aufenthaltsräume befinden, so z. B. in § 33 Abs. 1 BauO NRW 2018: „Für Nutzungseinheiten mit mindestens einem Aufenthaltsraum wie Wohnungen, Praxen, selbstständige Betriebsstätten müssen in jedem Geschoss mindestens zwei voneinander unabhängige Rettungswege ins Freie vorhanden sein. Beide Rettungswege dürfen jedoch innerhalb des Geschosses über denselben notwendigen Flur führen.“ Daneben gibt es weitere Anforderungen z. B. an die Raumhöhe, Grundfläche, Belichtungs- und Belüftungsöffnungen, … sowohl aus dem Bauordnungsrecht heraus (z. B. § 46 BauO NRW 2018) als auch aus dem Arbeitsschutzrecht.
Kellerräume schließen sich i. d. R. als Aufenthaltsräume aus den vorstehenden Gründen aus. Aufenthaltsräume im Spitzboden führen meist zu einem komplizierten bauordnungsrechtlichen Genehmigungsverfahren, Auflagen und damit verbundenen hohen Kosten.
Aufenthaltsräume zu Wohnzwecken gehören in den meisten Fällen zur Wohnfläche (gem. § 2 WoFlV) was wiederum alle anderen Räumlichkeiten (z. B. Spitzboden, Waschküchen, Garagen, Kellerräume, …) davon ausschließt.