Berlin / Herne. [stbs] Ein Aufenthaltsraum ist allgemein betrachtet ein Raum innerhalb von Wohnungen oder Gebäuden, der für einen nicht ganz kurzen Aufenthalt tagsüber von Menschen geeignet ist. Die Eignung eines Raumes als Aufenthaltsraum hängt von bauordnungs- und arbeitsschutzrechtlichen Anforderungen ab, wie beispielsweise der Raumgröße, der lichten Raumhöhe sowie der Belichtung und Belüftung.

Symbolbild; Dachgeschossausbau

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TYPISCHE AUFENTHALTSRÄUME

Nach gängiger Rechtsprechung zählen unter anderem folgende Räume zu den Aufenthaltsräumen (vgl.: Jäde, a. a. O., Art. 2 RdNr. 162):

Arbeitsräume

Bastelräume

Büroräume

Geschäftsräume

Gaststätten

Haushaltsräume

Küchen

Krankenräume

Schlafräume

Spielräume

Sporträume

Unterrichtsräume

Verkaufsräume

Versammlungsräume

Werkräume

Wohndielen

Wohnräume

Überdachte und umschlossene private Schwimmhallen

KEINE AUFENTHALTSRÄUME

Räume, die nicht oder nur vorübergehend für den Aufenthalt von Menschen bestimmt sind, gelten nicht als Aufenthaltsräume. Dazu gehören beispielsweise (vgl.: Jäde, a. a. O., Art. 2 RdNr. 163):

Duschen

Flure

Gänge

Garagen

Heiz- und Kesselräume

Speisekammern

Ställe

Treppenräume

Trockenräume

Vorrats- und Abstellräume

Wasch- und Toilettenräume

Wintergärten

GESETZLICHE DEFINITION

Nach der Legaldefinition des Begriffs Aufenthaltsräume in Art. 2 Abs. 5 Bayerische Bauordnung (BayBO) sind Aufenthaltsräume Räume, die zum nicht nur vorübergehenden Aufenthalt von Menschen bestimmt oder geeignet sind. Notwendig ist insoweit nicht ein dauernder Aufenthalt, sondern ausreichend ist auch ein längerer Aufenthalt von Menschen, der so gewollt oder möglich ist (vgl.: Lechner, in: Simon / Busse, BayBO, Art. 2 RdNr. 1174, Stand: April 2009). Keine Aufenthaltsräume sind deshalb Räume, die nicht oder nur vorübergehend, also nur für kürzere Zeit, zum Aufenthalt von Menschen bestimmt oder geeignet sind. Für den Begriff des Aufenthaltsraums ist dabei nicht ein Aufenthalt über mehrere Tage, insb. ein regelmäßiges Wohnen zu fordern, vielmehr genügt ein nicht ganz kurzer Aufenthalt tagsüber oder auch nur in der warmen Jahreszeit (BayVGH Urteil vom 05.07.1982, Az. 72 XV 77, BRS 39 Nr. 147). Weder wird insoweit eine Winterfestigkeit gefordert, noch ist eine Geeignetheit für eine Wohnnutzung oder ein Übernachten erforderlich (vgl.: BayVGH Urteil vom 05.07.1982 a. a. O.; Molodovsky, in: Koch / Molodovsky / Famers, Bayerische Bauordnung, Art. 2 RdNr. 127, Stand Januar 2012; Jäde, in: Jäde / Dirnberger / Bauer / Weiss, Die neue bayerische Bauordnung, Art. 2 RdNr. 159, Stand: Dezember 2007).

Bei der Bestimmung des Begriffs „Aufenthaltsraum“ sind aufgrund der Änderung des Abstandsflächenrechts im Hinblick auf privilegierte Grenzbebauungen durch die BayBO 2008 nicht mehr nur die speziellen materiellen Anforderungen an Aufenthaltsräume aus Art. 45 BayBO in den Blick zu nehmen, vielmehr ist dabei auch seine abstandsflächenrechtliche Dimension zu beachten. Insoweit ist von Bedeutung, dass die Abstandsflächen neben der Sicherstellung einer ausreichenden Belichtung, Besonnung und Belüftung auch dem weiteren Zweck dienen, ein „störungsfreies Wohnen“ zu gewährleisten (vgl.: BayVGH Urteil vom 21.7.1997, Az.: 14 B 96.3086, BayVBl. 1998, 534, 535; Beschluss vom 17.04.2000, Az.: GrS. 1/1999, 14 B 97.2901, BayVBl. 2000, 562, RdNr. 16 – juris; Beschluss vom 19.02.2004, Az.: 26 ZB 03.1559, RdNr. 6 – juris; aus der Literatur vgl. Dirnberger, in: Jäde / Dirnberger / Bauer / Weiss, Die neue bayerische Bauordnung, Art. 6 RdNr. 2 Stand April 2010; Molodovsky, in: Koch / Molodovsky / Famers, Bayerische Bauordnung, Art. 6 RdNr. 5, Stand: August 2009, jeweils mit w. Nachw. aus der obergerichtlichen Judikatur). Vgl.: VG München, Az.: M 8 K 11.1314, Urteil vom 26.03.2012.

Aufenthaltsräume zu Wohnzwecken gehören in den meisten Fällen zur Wohnfläche (gem. § 2 Wohnflächenverordnung (WoFlV)) was wiederum alle anderen Räumlichkeiten (z. B. Garagen, Kellerräume, Spitzboden, Waschküchen, …) davon ausschließt.

Typische Beispiele für Aufenthaltsräume sind Wohn- und Schlafräume, Arbeits- und Büroräume sowie Verkaufs- und Versammlungsräume. Keine Aufenthaltsräume sind hingegen Nebenräume wie Garagen, Heizräume oder Kellerräume.

ANFORDERUNGEN AN AUFENTHALTSRÄUME

In § 2 Musterbauordnung (MBO) werden Aufenthaltsräume als Räume definiert, die zum dauernden Aufenthalt von Menschen bestimmt oder geeignet sind. Sie müssen nach § 47 MBO eine lichte Raumhöhe von mind. 2,50 m haben. Dies gilt nicht für Aufenthaltsräume in Wohngebäuden der Gebäudeklassen 1 und 2 sowie für Aufenthaltsräume im Dachraum. Damit sie ausreichend belüftet und mit Tageslicht belichtet werden können, muss das Rohbaumaß aller Fensteröffnungen eines Raumes nach Bundesland mind. 1/8 oder 1/10 der Netto-Grundfläche des Raumes einschließlich der Netto-Grundfläche verglaster Vorbauten und Loggien haben (vgl.: Dietmar Grütze: Bau-Lexikon. Carl Hanser Verlag, München 2007, ISBN 3-446-40472-4, S. 21.; bau-rat.de). Regelungen in anderen Bundesländern können davon abweichen.

Die Berliner Bauordnung (BauO Bln) z. B. definiert detaillierte Anforderungen an Aufenthaltsräume, um die Sicherheit, Nutzbarkeit und den Komfort zu gewährleisten. Aufenthaltsräume sind jene Räume, die für den dauernden Aufenthalt von Menschen vorgesehen sind, wie Wohn- und Arbeitsräume. Gem. § 2 Abs. 4 Nr. 1, Abs. 3 S. 2 BauO Bln gelten Gebäude als Hochhäuser, wenn der Fußboden mind. eines Aufenthaltsraumes mehr als 22 m über der festgelegten Geländeoberfläche liegt. Aufenthaltsräume dürfen nur in Gebäuden errichtet werden, deren Versorgung mit Trinkwasser dauerhaft gesichert ist (§ 39 Abs. 1 BauO Bln). Sie müssen eine lichte Raumhöhe von mind. 2,50 m aufweisen (§ 44 Abs. 1 BauO Bln) und über senkrecht stehende Fenster verfügen, die eine ausreichende Beleuchtung und Belüftung sicherstellen (§ 44 Abs. 2 BauO Bln). Räume im Dachgeschoss müssen über mind. 50 % der Grundfläche eine lichte Höhe von 2,30 m haben (§ 46 Abs. 4 BauO Bln). Aufenthaltsräume im Keller sind zulässig, sofern die notwendigen Fenster an ein Gelände angrenzen, das nicht mehr als 0,50 m über dem Fußboden liegt (§ 46 Abs. 1 BauO Bln). Jede Nutzungseinheit mit Aufenthaltsräumen muss in jedem Geschoss mind. zwei voneinander unabhängige Rettungswege aufweisen. Diese können aus notwendigen Treppen und Stellen bestehen, die mit Rettungsgeräten der Feuerwehr erreichbar sind (§ 33 Abs. 1 BauO Bln). Von jeder Stelle eines Aufenthaltsraumes darf der Zugang zum Treppenraum oder ins Freie maximal 35,00 m betragen (§ 32 Abs. 2 BauO Bln). An Dächer, die Aufenthaltsräume abschließen, können besondere Anforderungen im Hinblick auf den Brandschutz gestellt werden (§ 28 Abs. 3 BauO Bln). Trennwände zwischen Aufenthaltsräumen und unbeheizten Räumen müssen wärmedämmend sein, sofern die unbeheizten Räume nicht Teil der Wohnung sind (§ 29 Abs. 2 BauO Bln). Auch Wände zu Treppenräumen und Durchfahrten unterliegen diesen Anforderungen. Kläranlagen, Abwassersammelgruben und Lüftungseinrichtungen müssen mind. 5,00 m von Aufenthaltsräumen entfernt sein (§ 41 Abs. 4 BauO Bln). Abfallschächte sind außerhalb von Aufenthaltsräumen anzulegen (§ 42 Abs. 1 BauO Bln). Zur Aufnahme von Rollstühlen bestimmte Aufzüge sollen Haltestellen in allen Geschossen mit Aufenthaltsräumen haben (§ 34 Abs. 6). Gebäude ohne Aufenthaltsräume, deren Brutto-Rauminhalt 30,00 m³ nicht überschreitet, gehören zu den genehmigungsfreien Vorhaben (§ 56 Abs. 1 BauO Bln). Der § 44 BauO Bln unterscheidet zwischen Aufenthaltsräumen, die dem Wohnen dienen, und solchen, die andere Zwecke erfüllen. Je nach Zweck gelten unterschiedliche Anforderungen. Die Berliner Bauordnung stellt umfassende Anforderungen an Aufenthaltsräume, um die Sicherheit, Gesundheit und Nutzbarkeit zu gewährleisten. Neben den allgemeinen baulichen Standards wird besonderer Wert auf Rettungswege, Belichtung, Belüftung, Brandschutz und Barrierefreiheit gelegt. Architekten und Planer müssen diese Vorschriften sorgfältig beachten, um rechtskonforme und nutzerfreundliche Gebäude zu schaffen.

In Nordrhein-Westfalen fordert die Landesbauordnung 2018 (§ 46) eine lichte Raumhöhe von mind. 2,40 m, für Dachräume und Kellerräume mind. 2,20 m. Solche Regelungen tragen dazu bei, Belüftung, Belichtung und ein angenehmes Raumklima zu gewährleisten.

RECHTLICHE AUSWIRKUNGEN

Mit dem Begriff „Aufenthaltsraum“ sind weitreichende rechtliche Folgen verknüpft. Die wichtigste ist sicher die Forderung nach zwei Rettungswegen in jedem Geschoss, in dem sich Aufenthaltsräume befinden, so z. B. in § 33 Abs. 1 BauO NRW 2018: „Für Nutzungseinheiten mit mind. einem Aufenthaltsraum wie Wohnungen, Praxen, selbstständige Betriebsstätten müssen in jedem Geschoss mind. zwei voneinander unabhängige Rettungswege ins Freie vorhanden sein. Beide Rettungswege dürfen jedoch innerhalb des Geschosses über denselben notwendigen Flur führen.“ Daneben gibt es weitere Anforderungen z. B. an die Belichtungs- und Belüftungsöffnungen, Grundfläche, Raumhöhe, … sowohl aus dem Bauordnungsrecht heraus (z. B. § 46 BauO NRW 2018) als auch aus dem Arbeitsschutzrecht.

RESÜMEE

Aufenthaltsräume spielen eine zentrale Rolle im Bauordnungsrecht. Ihre Definition und die damit verbundenen Anforderungen dienen dem Schutz und der Sicherheit der Nutzer. Bauherren und Architekten sollten diese Aspekte bei der Planung und Nutzung von Gebäuden sorgfältig berücksichtigen, um baurechtliche Vorgaben zu erfüllen und eine hohe Lebensqualität sicherzustellen.

Kellerräume schließen sich i. d. R. als Aufenthaltsräume aus den vorstehenden Gründen aus. Aufenthaltsräume im Spitzboden führen meist zu einem komplizierten bauordnungsrechtlichen Genehmigungsverfahren, Auflagen und damit verbundenen hohen Kosten.

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