Berlin / Herne / Minden. [stbs] Das Verwaltungsgericht (VG) Minden entschied am 28.01.2022 (Az.: 1 K 4844/18), dass die Aufteilung einer bestehenden Wohnung in zwei separate Wohneinheiten, selbst ohne bauliche Eingriffe in die Bausubstanz, eine genehmigungspflichtige Nutzungsänderung darstellt. Diese Entscheidung betont die Bedeutung des Brandschutzes und die Grenzen des Bestandsschutzes im Baurecht.

SACHVERHALT UND ENTSCHEIDUNG

Im vorliegenden Fall plante der Eigentümer eines Wohngebäudes, eine bestehende Wohnung in zwei separate Einheiten aufzuteilen, ohne dabei in die tragende Bausubstanz einzugreifen. Das VG Minden stellte fest, dass eine solche Nutzungsänderung wesentliche brandschutzrechtliche Fragen aufwirft, insb. hinsichtlich der erforderlichen Rettungswege und des Brandschutzkonzepts. Daher sei eine Baugenehmigung erforderlich, die nach aktuellem Recht zu beurteilen ist. Der Bestandsschutz, der grundsätzlich den Fortbestand einer einmal genehmigten baulichen Anlage schützt, greife in diesem Fall nicht, da die geplante Nutzungsänderung als wesentlich einzustufen sei.

Symbolbild; Wohnungsaufteilung

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RECHTLICHE WÜRDIGUNG

Der Bestandsschutz im Baurecht schützt bestehende bauliche Anlagen vor nachträglichen Änderungen der Rechtslage. Man unterscheidet zwischen passivem und aktivem Bestandsschutz:

Passiver Bestandsschutz

Er erlaubt es, eine rechtmäßig errichtete bauliche Anlage in ihrem bisherigen Zustand zu erhalten und weiter zu nutzen, selbst wenn sie den aktuellen baurechtlichen Vorschriften nicht mehr entspricht.

Aktiver Bestandsschutz

Er umfasst das Recht, notwendige Maßnahmen zur Erhaltung und zeitgemäßen Nutzung der baulichen Anlage durchzuführen. Allerdings sind Erweiterungen oder wesentliche Änderungen, die über die ursprüngliche Genehmigung hinausgehen, i. d. R. genehmigungspflichtig.

Im vorliegenden Fall handelt es sich bei der geplanten Aufteilung der Wohnung in zwei Einheiten um eine Nutzungsänderung, die als wesentlich einzustufen ist. Solche Änderungen können den Bestandsschutz beeinträchtigen oder zum Erlöschen bringen, insb. wenn sie neue Anforderungen, etwa im Brandschutz, auslösen. Das VG Minden betonte, dass durch die neue Wohnungsaufteilung brandschutzrechtliche Fragen neu bewertet werden müssen, was eine Prüfung nach aktuellem Recht erfordert. Daher sei eine Baugenehmigung notwendig, und der Bestandsschutz könne hier nicht geltend gemacht werden.

AUSWIRKUNGEN AUF DIE PRAXIS

Dieses Urteil verdeutlicht, dass Eigentümer bei geplanten Nutzungsänderungen, selbst ohne bauliche Eingriffe in die Substanz, die brandschutzrechtlichen Anforderungen und die Notwendigkeit einer Baugenehmigung berücksichtigen müssen. Der Bestandsschutz bietet keinen Freibrief für jegliche Änderungen; vielmehr sind die aktuellen baurechtlichen Vorschriften maßgeblich. Dies auch bei Änderungen, die die Nutzung betreffen und potenziell die Sicherheit beeinflussen, ist eine sorgfältige Prüfung und gegebenenfalls Einholung einer Baugenehmigung unerlässlich.

FOLGEN

Das Urteil des VG Minden unterstreicht die Bedeutung der Einhaltung aktueller baurechtlicher Vorschriften bei Nutzungsänderungen von Bestandsgebäuden. Der Bestandsschutz schützt nicht vor der Pflicht, bei wesentlichen Änderungen eine Baugenehmigung einzuholen, insb. wenn dadurch sicherheitsrelevante Aspekte wie der Brandschutz betroffen sind.

Eigentümer sollten daher geplante Änderungen stets mit den zuständigen Behörden abstimmen, um rechtliche Konflikte zu vermeiden.

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