Berlin / Herne. [stbs] Die Nutzung, Errichtung, Änderung oder Beseitigung von baulichen Anlagen ohne entsprechende Baugenehmigung kann erhebliche rechtliche Konsequenzen nach sich ziehen. Insbesondere in Nordrhein-Westfalen (NRW) drohen Bußgelder von bis zu 500.000 EUR für derartige Verstöße.

Darüber hinaus können zivil- und strafrechtliche Haftungen entstehen, beispielsweise bei Schadensfällen wie Einstürzen oder Unfällen auf der Baustelle.

DEFINITION UND RELEVANZ DER NUTZUNGSÄNDERUNG

Eine baurechtlich relevante Nutzungsänderung liegt bereits dann vor, wenn die Möglichkeit besteht, dass die geänderte Nutzung nach bauordnungs- oder bauplanungsrechtlichen Vorschriften anders beurteilt werden kann als die bisher genehmigte Nutzung. Dies bedeutet, dass jede Änderung, die potenziell andere oder weitergehende Anforderungen mit sich bringt, genehmigungspflichtig ist. Beispiele hierfür sind die Umwandlung einer Gaststätte in eine Diskothek oder eines Büros in eine Wohnung. In NRW kann man die Bauverwaltung prüfen lassen, ob ggf. eine Genehmigungs- resp. Verfahrensfreiheit vorliegt.

PLANUNGSRECHTLICHE ZULÄSSIGKEIT UND GENEHMIGUNGSPFLICHT

Bei einer Nutzungsänderung muss die planungsrechtliche Zulässigkeit geprüft werden. Dies gilt auch dann, wenn für die bauliche Anlage zuvor eine Ausnahme oder Befreiung erteilt wurde, da Genehmigungen stets auf eine bestimmte Nutzung bezogen sind. Selbst Änderungen des farblichen Erscheinungsbildes einer Fassade oder des Daches können genehmigungspflichtig sein. Daher sollte grundsätzlich davon ausgegangen werden, dass für jede Nutzungsänderung ein Bauantrag erforderlich ist.

BEISPIELE FÜR GENEHMIGUNGSPFLICHTIGE NUTZUNGSÄNDERUNGEN

Umwandlung von Lager- in Verkaufsflächen

Hier ist i. d. R. von einer Genehmigungspflicht auszugehen. Auch Änderungen des Sortiments können eine Nutzungsänderung darstellen, wenn sie wesentlich und rechtlich beachtlich sind.

Umwandlung von Stallungen

Die Änderung eines Kuhstalls in einen Schweinestall kann aufgrund potenziell größerer Beeinträchtigungen genehmigungspflichtig sein.

Betrieb von Wettbüros

Nach Ansicht des Hessischen Verwaltungsgerichtshofs (VGH) liegt eine Nutzungsänderung vor, wenn in einem Ladengeschäft Sportwetten angeboten werden, da Wettbüros als Vergnügungsstätten gelten und somit anderen baurechtlichen Vorschriften unterliegen.

Umwandlungen in Lager / Wohnraum bzw. Unterkellerungen von Garagen

Sind i. d. R. genehmigungspflichtig. Es drohen hohe Bußgelder bei unsachgemäßer Garagennutzung

Symbolbild; Illegale Nutzung

VERFAHRENSFREIE NUTZUNGSÄNDERUNGEN

Unter bestimmten Voraussetzungen können Nutzungsänderungen verfahrensfrei sein. Gem. § 62 Abs. 2 der Bauordnung NRW 2018 (BauO NRW 2018) ist die Änderung der Nutzung von Anlagen verfahrensfrei, wenn für die neue Nutzung keine anderen öffentlich-rechtlichen Anforderungen als für die bisherige Nutzung in Betracht kommen.

Ob eine beabsichtigte Nutzungsänderung tatsächlich verfahrensfrei ist, hängt jedoch von vielen Faktoren ab und sollte im Einzelfall geprüft werden.

ANTRAGSTELLUNG UND VERANTWORTLICHKEITEN

Ein Bauantrag darf nur von einer nach den jeweiligen Landesbauordnungen bauvorlageberechtigten Person erstellt werden. Die Kosten betragen etwa 10 % der Bausumme für die Leistungsphasen 1 bis 9 gem. der Honorarordnung für Architekten und Ingenieure (HOAI). Die städtischen Gebühren variieren je nach Bundesland. Die bauvorlageberechtigte Person ist dafür verantwortlich, einen genehmigungsfähigen Bauantrag zu stellen. Ein nicht genehmigungsfähiger Bauantrag muss nicht vergütet werden. Zudem ist sie zunächst für die Planung des Brandschutzes und anderer technischer Nachweise verantwortlich. Sollte sie nicht über die erforderliche fachliche Qualifikation verfügen, müssen entsprechende Fachplaner oder Fachbauleiter hinzugezogen werden. Diese Kosten für Fachplaner, Gutachten, Prüfer und Vermesser kommen zusätzlich auf die Bauherrschaft zu.

FRISTEN UND BEARBEITUNGSZEIT

In NRW darf die Bearbeitung eines Bauantrags im vereinfachten Verfahren nicht länger als sechs Wochen dauern. In der Praxis wird diese Frist jedoch nicht immer eingehalten. Die Bauaufsichtsbehörde prüft, ob das geplante Bauvorhaben den Vorschriften der Bauordnung des Landes und der Gemeinde entspricht. Die Bearbeitung kann mehrere Monate in Anspruch nehmen, insbesondere wenn Nachforderungen gestellt oder weitere Behörden beteiligt werden.

PRAKTISCHE HINWEISE

Die Durchführung von baulichen Maßnahmen oder Nutzungsänderungen ohne entsprechende Genehmigung kann zu erheblichen rechtlichen und finanziellen Konsequenzen führen. Es ist daher unerlässlich, sich vorab umfassend über die geltenden Vorschriften zu informieren und gegebenenfalls einen Bauantrag zu stellen. Die Einhaltung der gesetzlichen Bestimmungen schützt nicht nur vor Bußgeldern, sondern gewährleistet auch die Sicherheit und Rechtskonformität des Bauvorhabens. Achten Sie darauf, dass Sie als Mieter im Mietvertrag die Kostenübernahme für notwendige Genehmigungen allesamt auf den Vermieter abwälzen oder vereinbaren Sie genau den Nutzungszweck (dann haftet im Zweifel auch der Vermieter).

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